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geschrieben am: 23.10.2020

Sonntagsblatt



 

Dreissigster Sonntag im Jahreskreis   25.10.2020

Wer den wirklichen, lebendigen Gott sucht, der hat ihn schon gefunden. Und er kann ihn nicht für sich behalten; er ist fähig geworden, jeden Menschen zu lieben, weil er selbst geliebt wird. Der Glaube der frühen Christen hatte werbende Kraft, weil er als Liebe sichtbar wurde. Man zeigte auf sie und sagte: Seht wie sie einander lieben.

Erste Lesung Ex 22, 20–26

So spricht der Herr: Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten, denn ihr selbst seid im Land Ägypten Fremde gewesen.
Ihr sollt keine Witwe oder Waise ausnützen. Wenn du sie ausnützt
und sie zu mir schreit, werde ich auf ihren Klageschrei hören.
Mein Zorn wird entbrennen und ich werde euch mit dem Schwert umbringen, sodass eure Frauen zu Witwen und eure Söhne zu Waisen werden. Leihst du einem aus meinem Volk, einem Armen, der neben dir wohnt, Geld, dann sollst du dich gegen ihn
nicht wie ein Gläubiger benehmen. Ihr sollt von ihm keinen Zins fordern. Nimmst du von einem Mitbürger den Mantel zum Pfand,
dann sollst du ihn bis Sonnenuntergang zurückgeben; denn es ist seine einzige Decke, der Mantel, mit dem er seinen bloßen Leib bedeckt. Worin soll er sonst schlafen? Wenn er zu mir schreit,
höre ich es, denn ich habe Mitleid.

Evangelium Mt 22, 34–40

In jener Zeit, als die Pharisäer hörten, dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie am selben Ort zusammen.
Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, wollte ihn versuchen
und fragte ihn: Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?
Er antwortete ihm:
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten
hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

 

Bildbetrachtung

Jesus obdachlos (Ex 22,20-26) – Foto: © picture alliance / Godong | Philippe Lissac

 

Mindestens 100 Millionen Menschen auf dieser Welt sind obdachlos. In Europa haben jedes Jahr rund vier Millionen kein Dach über dem Kopf, in den USA 3,5 Millionen. Viele haben wirklich nur einen Mantel, in den sie sich wickeln können.

 

So wie der Obdachlose auf unserem Bild. Schauen Sie ruhig noch mal hin – denn erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass dieser Mann nicht echt ist. Es ist eine Bronzefigur, geschaffen von dem kanadischen Künstler Timothy Schmalz.

 

Schauen Sie ruhig noch ein drittes Mal hin. Denn dieser Obdachlose hat ein ganz besonderes Merkmal. Man sieht es erst, wenn man es wagt, ihm ganz nahe zu kommen. Die nackten Füße sind – durchbohrt! Der obdachlose Mann auf der Bank ist Jesus. „Homeless Jesus“ hat der Künstler sein Werk genannt. Und ist damit „in Serie gegangen“: 2012 hat er die ersten beiden „Denkmäler“ geschaffen und bot sie den Kathedralen von Toronto und von New York an. Die haben dankend abgelehnt. Mittlerweile schläft der obdachlose Jesus in Kanada und in den USA, in Singapur und im Vatikan, vor Kirchen und Armenküchen, vor Klöstern und am See Gennesaret oder (unser Bild) im nordirischen Belfast. Er polarisiert, so wie es die Armen in unserer Mitte immer tun. Die einen finden es unmöglich, „den auferstandenen Christus, unseren Herrn, so darzustellen“, und möchten einen strahlenden, mächtigen Gott sehen. Nachbarn beschweren sich, eine Frau rief die Polizei. Andere setzen sich auf den leeren Platz auf der Bank, legen den Kopf auf die Füße der Figur, fühlen sich Jesus ganz nah, manche beten. „Ich möchte, dass die Statue zum Nachdenken anregt und uns nicht in Ruhe lässt“, sagt der Künstler selbst.

 

Eine Bronzefigur, die Gott als einen Verarmten vorführt – die Auseinandersetzungen um sie zeigen, wie wichtig es ist, dass Gott die Armen absichert. Gott hat Mitleid, die Mächtigen nicht. Unsere Lesung stammt aus dem Bundesbuch, in dem Gott seine Gesetze in Israels Herz schreibt. Es sind Gesetze, die die Schwachen schützen, denn alle Erfahrung zeigt: Die Mächtigen, die Satten, die Erfolgreichen sind gnadenlos. Die Armen stören, sie sind lästig, sie machen ein schlechtes Bild und ein schlechtes Gewissen. Gott stellt sich kompromisslos auf ihre Seite und macht unmissverständlich klar: Grausamkeit und Herzlosigkeit werden nicht ohne Folgen bleiben.

 

Wenn wir am heutigen Weltmissionssonntag in die Welt schauen, dann passt diese Lesung erschreckend genau. Allzu viele Menschen geraten in dieser Welt unter die Räder. Sie werden ausgebeutet, vertrieben, bedroht. Sie leben in Angst vor Krieg, vor Verfolgung und Misshandlung. Friede und ein sicheres Zuhause sind ein ferner Traum.

 

Doch Gott stößt uns mit der Nase darauf: Das sind eure Brüder und Schwestern. In meinen Augen sind sie so wertvoll, wie ihr in meinen Augen wertvoll seid. Ich bin einer von ihnen – was ihr ihnen tut, das tut ihr mir.

 

Unsere Solidarität ist gefragt, liebe Gemeinde! Wenn Sie können, geben Sie etwas. Einen Geldbetrag, der Ihnen nicht wehtut, aber den Armen in dieser Welt ein Stück Hoffnung schenkt. Einen Schritt zu auf einen, der am Boden ist – vielleicht sehen Sie seine durchbohrten Füße? Ein Wort des Protestes, wo dumme Sprüche wehtun, vielleicht sogar eine Unterschrift für Verfolgte, die lebensrettend sein könnte. Die Armen und Ausgegrenzten dieser Welt brauchen Sie. Gott selbst braucht Sie!       Christina Brunner

 

Guter Gott, du hast uns deine große Liebe gezeigt und uns deinen Sohn Jesus Christus gesandt. Er ist für uns zur Quelle des Lebens geworden. Wir bitten dich:

 - Festige unseren Glauben, dass du allen Menschen auf der ganzen Welt nahe bist und sie einem guten Ziel entgegenführst.

- Stärke die Hoffnung und bewege viele Menschen zur Mitarbeit an einer Welt, die allen Heimat und Lebensgrundlage bietet.

- Erschaffe uns Christen aller Konfessionen ein neues Herz und gib uns deinen Geist der Liebe zu dir und zu allen Menschen.

- Gib allen Getauften eine Ahnung vom Geheimnis deiner göttlichen Liebe, dass sie diese wunderbare Botschaft glaubhaft weiterverkünden.

- Alle, die teilhaben am Reichtum deines Lebens mache fähig zum Teilen mit den Armen dieser Welt.

Liebender Gott, unsere Namen sind tief eingeschrieben in deinem Herzen. Darauf dürfen wir vertrauen und alles von deiner Liebe erhoffen durch Christus, unseren Herrn. Amen.

 

Für den Tag und die Woche

Gottes- und Nächstenliebe sind untrennbar: Es ist nur ein Gebot. Beides aber lebt von der uns zuvorkommenden Liebe Gottes, der uns zuerst geliebt hat. So ist es nicht mehr „Gebot“ von außen her, das uns Unmögliches vorschreibt, sondern geschenkte Erfahrung der Liebe von innen her, die sich … weiter mitteilen muss. Liebe wächst durch Liebe. (Benedikt XVI.)